Textvorlage von Beethovens Vertonungen
“An die Hoffnung” (op. 32 / op. 94):

nach „Urania, über Gott, Unsterblichkeit und Freiheit“ (1801)

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Ob ein Gott sei? Ob er einst erfülle,
Was die Sehnsucht weinend sich verspricht?
Ob, vor irgendeinem Weltgericht,
Sich dies rätselhafte Sein enthülle?
Hoffen soll der Mensch! Er frage nicht!

Die du so gern in heilgen Nächten feierst
Und sanft und weich den Gram verschleierst,
Der eine zarte Seele quält, O Hoffnung!
Laß, durch dich emporgehoben,
Den Duldner ahnen, daß dort oben
Ein Engel seine Tränen zählt!

Wenn, längst verhallt, geliebte Stimmen schweigen;
Wenn unter ausgestorbnen Zweigen
Verödet die Erinnerung sitzt:
Dann nahe dich, wo dein Verlaßner trauert,
Und, von der Mitternacht umschauert,
Sich auf versunkne Urnen stützt.

Und blickt er auf, das Schicksal anzuklagen,
Wenn scheidend über seinen Tagen
Die letzten Strahlen untergehn:
Dann laß ihn, um den Rand des Erdentraumes,
Das Leuchten eines Wolkensaumes
Von einer nahen Sonne sehn!

 

© 2011-2020 Andreas Müller ♦ Cello

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